The Torso Tapes
Keine Arme,
keine Beine,
keinen Kopf. Verletzt, verbunden.
Ein Rumpf getapet.
Bewegt sich
Durch lichten Nebel, ein helles
Licht, nicht zu gleißend
Hinzu.
Habe ich etwas verloren über die Zeit
Wurde mir etwas genommen
Oder wurde es mir nie gegeben
Aber bin ich nicht genauso wie ich bin
Ein Ganzes?
Bewegt sich
Ein paar Stufen hinauf
Hinab, öffnet sich die
Tür,
Wo sie tanzen,
Musik
Und tanzt, mit anderen,
Torsi.
Baal & Mortimer sind Meister der Verführung. Sie bezaubern uns, nehmen uns an der Hand und mit auf eine Reise durch Kontinente, Zeiten und Zeitalter. Alles ist ihnen Jetzt. Alles ist ihnen verfügbar. Sie klappen Epochen und Landschaften nach oben, Kulturen, Sprachen, Farben, ins Senkrechte, und verwirbeln sie, aber alles bleibt beweglich und durchscheinend.
Wir können die Schichtungen durchblättern, durch sie tunneln, werden jedes Mal aufs Neue an einem neuen Ort auftauchen. Die Stimme lockt uns, sie ist sehnsüchtig, die Stimmung melancholisch, die Instrumentierung immer wieder vertraut, Erinnerungen, Erlebtes, dann wieder neu, befreiend, nach vorne weisend.
Klänge, die die Anmutung von volkstümlichen Instrumenten atmen, Horn und Blasebalg, Dudelsack und Flöte, Klavier, Wasserorgel und Fidel. Ein Rauschen wie von Wind, der warme Findlinge umspielt. Von schräg drängt eine Regenfront ins Bild, Sägeblätter harken sich ein. Pizzicatos, Geister auf Reisen umschweben uns, Celli kratzen, Violinen schweben, ein Übersteiger, ein Anschwellen, und manchmal hält uns ein stoisches Trommeln in entspanntem Tempo.
Der Gesang ist mehrstimmig geschichtet, orchestral, moduliert harmonisch, umgarnt die Instrumente und schmiegt sich selbst als solches in die Musik ein; die Worte, wiederholt, zerdehnt und dann wieder gekrümmt, sie folgen einer musikalischen Logik, man kann sich ihnen hingeben, fallen lassen, vertrauensvoll, oder ihnen nachfolgen, versuchen, ihnen auf die Spur zu kommen: und lernen, wie sie in All Sons of Adam – Kain und Abel, Set und zahllose weitere in 930 Jahren – vom Versagen sprechen, in Aegis Lift von Widerstand, in Vials von Zeitlichkeit erzählen oder – im den Rumpf mehrsprachig bekrönenden Couronnement – von Hoffnung.
Baal & Mortimer ist ein Spiel von exzentrischem Folk – aus einer abgeschlossenen Zukunft, einem Canterbury des 23 Jahrhunderts.
Baal & Mortimer sind Meister der Verführung, sie bezaubern uns, sie kommen uns ganz ganz nahe, umtanzen uns und tanzen mit uns, umarmen uns, und bieten den schönsten Trost.
Credits
Text: Andreas Reihse
Bild: Jelly Luise